Stat

Sonntag, 27. Juli 2014

Kann man die Stadtflucht fördern?

Es ist unverständlich. Die Mieten und Preise für Wohnungen und Häuser in den Städten werden stets teurer bis unerschwinglich sowie zeitgleich auf dem Land fallen die Preise für Immobilien, die teilweise unverkäuflich sind. Im Prinzip sollte nach der Theorie des Markts ein regulierender Ausgleich stattfinden. Warum funktioniert die Theorie nicht?- 1) Viele Arbeitsplätze entstehen in den Großstädten, nur wenige Unternehmen verlagern Standorte in ländliche Gebiete und wenn ja, dann eher ins Ausland. 2) Viele junge Bewohner vom Land bevorzugen das Stadtleben 3) die Kosten für Mobilität sind gestiegen, d.h., der Pendler zahlt für die Fahrt zum Arbeitsplatz drauf 4) ältere Menschen, die um Umland einer Großstadt wohnen, möchten in die Städte ziehen, wegen der besseren Infrastruktur: Gesundheitsversorgung, Einkaufsmöglichkeiten, besseres Breitbandinternet und den öffentlichen Transport, der auf dem Land, nicht so ausgebaut ist. Die Idee Anreize zu schaffen, um den Trend umzukehren, ist nicht neu. Ob sie helfen, wird sich zeigen, wenn geeignete Programme aufgelegt werden sollten. Wichtig ist aber auch das Leben auf dem Land attraktiver zu gestalten. Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebote sind für die Entscheidung über Zuwanderung wichtige Faktoren. Manche Ortschaften im ländlichen Raum haben ein gutes, aber viele andere haben noch ein schlechte Reputation. Für letztere gibt es viele verächtliche Bezeichnungen. Wer möchte schon in Pusemuckel oder Hintertupfingen wohnen? Vielleicht sollte man anstatt des Baus einer Stromtrasse durch Deutschland energieintensive Produktionsstätten in die Nähe der Stromerzeugungsstätten bauen und so Arbeitsplätze vor Ort schaffen?

Samstag, 26. Juli 2014

Martktreffs als Tante Emma Laden 2.0.X

Es gibt vielfältige Ideen zum Einzelhandel im ländlichen Raum, wie in diesem Blog schon mehrmals berichtet. In Schleswig Holstein versucht man es nun mit Marktreffs in kleinen Ortschaften. Der Ansatz ist richtig überlegt, man bündelt mehrere Grundversorgungen unter einem Dach: die Grund-und Nahversorgung von Lebensmitteln und Haushaltsartikeln, sozialer Treffpunkt (
Klöntreff
), Kommunikation (Poststelle) und gfls. Arztpraxis und Bankgeschäfte (rollende Bank). Diese Bündlung der Daseinsversorgung ist nicht schlecht. Früher gab es ähnliche Möglichkeiten: im Nebenzimmer einer Gastwirtschaft konnte man zweimal die Woche nachmittags beim Metzger, der aus dem Nachbarort anreiste, einkaufen und im Untergeschoss gab es dann den Kolonialwarenladen. In der Gaststätte selbst konnte man den Arzt, der dort bei seinem Landbesuch dort sass, medizinisch konsultieren. Die anderen Gäste waren dann unweigerlich Zuhörer. Heute ist so eine medizinische Behandlung in der Öffentlichkeit nicht mehr denkbar. Aber jeder Ort sollte ein Krankenstation, ähnlich wie eine Imfirmierie in Frankreich, besitzen, für die Behandlung von Notfällen, oder für Sprechstunden der Ärzte, die in die Ortschaften fahren. Wenn dann zeitgleich und in unmittelbarer Nähe ein Einkauf und Begegnungen, vorzugsweise bei einem Getränke und/oder Imbiss, möglich sind, umso besser. Denn die Menschen auf dem Land brauchen ab und an auch Begegnungen. Eine Poststelle für das Versenden und Abholen von Paketen rundet die Daseinsvorsorge ab. Ob dadurch
das Sterben der Dörfer gestoppt werden kann
steht auf einem anderen Blatt.

Mittwoch, 23. Juli 2014

Warum die Arbeitslosenzahlen auf dem Land trügen?

In einer Diskussion über den Vergleich von Arbeitlosigkeitstatistiken zwischen Ballungsräumen und dem ländlichnm Raum, werden Zahlen meist einfach gegenübergestellt. So beispielsweise jüngst bei Gelsenkirchen und dem Kreis Borken. Dort beträgt jeweils die Arbeitslosigkeit (2014) bei 15,5% und bei 4,2%. Was folgert man daraus? Eventuell nicht das korrekte Fazit! Denn im ländlichen Raum ist die Abwanderung von jungen Arbeitskräften in Ballungsräumen größer als in Ballungsräumen. Zudem gibt es Pendler, die im ihrem Landkreis keine Arbeit finden. So gibt es im Kreis Borken viele Arbeitnehmer, die in das Ruhrgebiet pendeln. Dadurch entsteht eine Verzerrung, der Statistik. Ungeachtet dessen haben sich im Münsterland einige mittelständische Betriebe an dem überregionalen Markt orientiert und machen auch deutschlandweit Umsatz. Dies hat mit Sicherheit Arbeitsplätze geschaffen, aber ist nicht der alleinige Grund für die niedrige Zahl. Wenn ein großes Industriewerk beispielsweise wie in Bochum (Nokia, Opel) schließt, dann werden auf einen Schlag mehrere tausende Arbeitnehmer arbeitslos und diese ziehen nicht notwendigerweise in andere Regionen Deutschlands, wenn es dort auch keine Arbeit gibt. Denn die Arbeitnehmer haben ihre Wohnung, Familie, Frau mit Beruf, Kinder in der Schule, Freunde und Kontakte vor Ort. Bei jungen Leuten und vielen Arbeitnehmern im ländlichen Raum ist die Notwendigkeit gegeben, nach der Schule oder Ausbildung, wenn sie vor Ort nichts finden oder sowieso studieren, den Ort zu wechseln oder zu Pendeln. Das berühmte Beispiel sind Arbeitnehmer, die aus dem ländlichen Raum rund um Kassel täglich nach Frankfurt pendeln. Durch diese Mobilität und durch den Wegzug wird der regionale Arbeitsmarkt auf dem Land entlastet und dies spiegelt sich in den Statistik wider.

Mehr Flüchtlinge in den ländlichen Raum?

Der Hamburger Senator für Soziales fordert nun eine andere Verteilung der Flüchtlinge zwischen Städten und dem ländlichen Raum. Seiner Argumentation nach stehen auf dem Land viele Häuser leer und die Städte können die großen Ströme von Flüchtlingen nicht mehr aufnehmen, da keine Unterkünfte mehr frei sind. Seine Aussage dazu: ,,Vielleicht ist das ein Tabubruch: Aber meiner Meinung nach muss die Aufnahme von Flüchtlingen zwischen Großstädten und dünner besiedelten Regionen besser gelöst werden". Die Idee ist an sich verlockend, weil scheinbar logisch und einfach. Aber demgegenüber stehen die Interessen der Betroffenen. Und dies sind nicht in der erster Linie die ländliche Bevölkerung, denn sie könnte von der Zuwanderung profitieren, sondern die Flüchtlinge selbst haben Ansprüche und wollen nicht weit von Supermärkten, Ärzten wohnen, wie zuletzt im bayrischen Wald gesehen. Eine andere Frage wird sein, wie sich die Hausbesitzer der leerstehenden Häuser verhalten werden. Die Behörden können die leerstehenden Häuser nicht beschlagnahmen, zudem müssen die Unterkünfte renoviert werden. Das Thema ist schwierig, wie zuletzt der Bundespräsident nach einer Rede, in der er zu einem grosszügigeren Umgang mit Flüchtlingen und mehr Rechte für sie gefordert hat, erfahren musste.

Wenn ein ländlicher Ort 'auf der Kippe steht'

In einem Reisebericht beschreibt ein Journalist seinen Besuch des Orts Esplingerode im Eichsfeld. Derweil fordern Experten einen Schrumpfungsplan für die Begleitung der Entwicklung auf dem Land. Die Verantwortlichen vor Ort sind mit den schnellen Entwicklungen überfordert. Interessant ist, dass die ,Neudörfler', eine Bezeichnung von Städtern, die es in den ländlichen Raum zieht, so ihre Schwierigkeiten mit Traktoren zur frühen Morgenstund' und dem derben Vereinsleben haben. Dennoch gibt es gute Argumente für ein Leben von Städtern auf dem Land.

Mittwoch, 16. Juli 2014

Die ländliche Idylle als Projektionsfläche von Städtern

Eine neue Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach hat im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Umfrage durchgeführt. Es wurden folgende Aussagen festgestellt: Die Lebensbedingungen sollen laut Umfrage nicht so weit auseinanderlaufen, wie man es aufgrund der öffentlichen Debatte vermuten könnte. Aber die ''psychologische Distanz'' zwischen Stadt und Land ist schon merklich und nimmt immer mehr zu. Bei der Beurteilung der Infrastruktur, sind in den Städten nur 3% und auf dem Land 15% der Bevölkerung mit der Gesundheitsversorgung unzufrieden. Bei den Einkaufsmöglichkeiten beurteilen 25% und beim öffentlichen Transport 40% der Bewohner auf dem Land die Lage als weniger oder nicht gut. Zu beachten ist dabei: Dies sind gemittelte Werte, die je nach Einwohnerdichte und Region vom Mittelwert abweichen. Bemerkenswert sind die Veränderungen auf die Frage: ,, Wo haben die Menschen Ihrer Ansicht nach ganz allgemein mehr vom Leben: auf dem Land oder in der Stadt?“ 1956 beantworteten 59% in der Stadt und 19% auf dem Land, 1977 beantworteten 39% in der Stadt und 43% auf dem Land und 2014 nur noch ca. 20% in der Stadt. Offensichtlich wird das Landleben als ,,gesünder, ruhiger und natürlicher'' empfunden. Mit dem ländlichen Raum verbindet man ,,gute Luft, günstiger Wohnraum, Nachbarschaftshilfe und weniger Einsamkeit sowie Glück'', während man in der Stadt den Abwechselungsreichtum, schätzt aber auch mit Schmutz und Lärm in Verbindung bringt. Hier werden Idealbilder, durch Bauernhof-Bilder und Zeitschriften wie ''Landlust'' und das Landwirtschaftliche Wochenblatt entwickelt, die vielleicht erklären warum die Grüne-Partei beste Wahlergebnisse in den großen Städten bekommt. Je mehr es den Städtern an Kontakten zum ländlichen Raum und deren Bevölkerung fehlt, desto stärker ist die Idylle ausgeprägt. Vielleicht können Partnerschaftsprogramme zwischen Großstädten und dem ländlichen Raum helfen Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu helfen?

Montag, 7. Juli 2014

Die innovative und unternehmerische Kraft der sogenannten Provinz

Die Bezeichnung Provinz, ein Synonym für ländlichen Raum, wird meist abwertend verwendet. Wenn man sich die großen Unternehmen in Deutschland anschaut, SAP in Walldorf, Bertelsmann in Gütersloh, Würth in Künzelsau und viele andere. Diese Standorte meist wenig bekannt sind. Man erkennt aber im Vergleich, dass Metropolen kein Monopol auf Innovation und unternehmerischen Erfolg haben. Nun gibt es wieder ein neues Beispiel: ein sehr junges Unternehmen aus Schwaben wird für 800 Mio € an Investoren verkauft. Bei der regionalen Verteilung dieser Unternehmen sieht man ein starkes Süd-Nord Gefälle. Die Ursachen dafür sollte man herausfinden und nach Lösungen suchen.