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Dienstag, 22. Mai 2012

Alte Fachwerkhäuser in den Ortschaften

Idyllische Bilder und Ansichten von Ortschaften mit vielen Fachwerkhäusern kennt fast ein jeder. Diese sind oft eine Augenweide für die Betrachter und werden vom Tourismus als Motiv für Werbebroschüren gewählt. In alten Fachwerkhäusern wohnen möchten aber weniger Menschen als Betrachter. Aber warum sind die Fachwerkhäuser so unattraktiv als Wohnhaus? Die Gründe dafür sind die kleinen Fenster d.h. wenig Tageslicht, niedrige Decken, knarzende Böden, meist eine regelmäßige Reparaturbedürftigkeit der Zwischenräume (des Gefachs) und der höhere Wärmeverbrauch. Und dies, obwohl die Baumaterialien Lehm und Holz als Gegensatz zu Beton und Kunststoff gegenwärtig eine Renaissance erleben. Lehm besitzt einige interessante Eigenschaften und auch das Holz als Naturstoff und die Skelettbauweise haben einige Vorteile. Der Lehm dient auch als Wärmespeicher und wirkt luftfeuchtigkeitsregulierend und soll im Sommer die Innenräume kühl halten. In den 1960ziger Jahren haben viele Besitzer Faserzementplatten (auch als Eternitplatten bekannt) an die Fassaden ihrer Fachwerkhäuser anbringen lassen, die nun schwierig, wegen der Umweltschutzauflagen für Asbest, zu entsorgen sind. Bei einigen Fachwerkhäusern hilft nur eine Entkernung des Gebäudes bzw. eine Grundsanierung. Dies kommt meist so teuer, wie ein Neubau. Nun sind alte Fachwerkhäuser auch meist klein und haben innerhalb der Ortschaften keinen anliegenden Gärten. Die Gärten der Besitzer lagen früher meist außerhalb des Orts. Dagegen sind neugebaute Einfamilienhäuser den zeitgenössischen Wohnbedürfnissen der Bewohner angepasst. Dort befindet sich ein Garten rings um das Haus, gut isoliert. Die Garagen sind in oder am Haus integriert. Die Häuser sind meist vollständig aus Stein gebaut, die Wärmeisolierung entspricht neusten Stand der Technik.

So haben sich die Besitzer, wenn sie im Ort blieben, meist einen Neubau in der Neubausiedlung errichtet, andere bzw. deren Kinder sind weggezogen. So stehen nicht wenige Fachwerkhäuser unbewohnt und warten auf ihr Schicksal: Abbruch oder Grundsanierung. Viele Fachwerkhäuser wurden in den 1960ziger und 1970ziger Jahren ohne Not abgerissen.

Im westfälischen Warburg an der Diemel zahlt die Kommune eine Prämie an die Neubesitzer von alten und leerstehenden Häusern in den Ortsteilen, quasi als Anschubfinanzierung für die notwendigen Renovierungen und um die Leerstände zu reduzieren. Im nordhessischen Wanfried an der Werra, unweit der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze, hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in den letzten 20 Jahren halbiert. Im Ort gibt es viele Fachwerkhäuser. Einige Niederländer haben diese alte leerstehende Fachwerkhäuser für sich entdeckt. Insbesondere kinderlose und selbstständige Paare nutzen diese Art von Häuser für sich als Zweitwohnsitz oder als Wohn- und Arbeitsstätte. Etwa 10 niederländische Besitzer wohnen schon vor Ort. Die Immobilien sind aus niederländischer Sicht sehr günstig. Die meisten von ihnen haben im Durchschnitt nach dem Hauserwerb für den Umbau 75,000€ investiert. Wichtig für den Erfolg dieser Art von Ansiedlung ist neben einem schmucken Ortskern ein gesellschaftliche und kulturelles Leben vor Ort, eine Offenheit sowie gute menschliche Beziehungen zwischen den Neuzugezogenen und den Einheimischen. Und nicht ganz unwichtig, der örtliche Verantwortliche wusste gewiss auch, wie er die Interessenten anzusprechen hatte.